Donnerstag, 6. November 2008

Photo-Finish

Eltern machen gerne Kinderphotos. Also Photos von den eigenen Kindern, nicht von Kindern allgemein, Kindern in Entwicklungsländern oder etwa den ungezogenen Sprösslingen der Nachbarn, denen immer die Nase läuft. Nein, sie photographieren ausschließlich die eigene Brut und können davon nicht genug kriegen. Sie kleben die Bilder in Alben, hängen sie gerahmt an die Küchenwand, stellen sie auf den Schreibtisch oder tapezieren den Treppenaufgang damit. UND DAMIT SOLLTE ES GENUG SEIN. Solange die Photos das eigene Haus nicht verlassen, ist alles genehmigt. Für diese Manie aber, mit Photos auch Alltagsgegenstände wie Kaffeetassen und Kalender zu schmücken und diese dann zu verschenken, fehlt Lilli jedes Verständnis. Im Fitnessstudio z. B. sieht Lilli regelmäßig einen Opa, der gleich vier Babyphotos auf dem T-Shirt durchschwitzt, hat sich aber noch nicht nah genug herangetraut, um herauszufinden, ob es sich hierbei um vier verschiedene Enkel oder Variationen des gleichen Bengels handelt. Und eine frühere Kollegin von Lilli war tief beleidigt, als ihre Mutter ihr schonend beibrachte, dass sie nun genug Bilderrahmen hätte und keine neuen mehr bräuchte. „Aber nicht die Bilderrahmen sind doch das Geschenk, sondern die Photos darin!“, erwiderte die Kollegin entrüstet. Monsieur hat nur ein Wort dafür: aufdringlich. Deshalb sitzt Lilli jetzt auch etwas beschämt vor dem Serviertablett, das sie am Wochenende noch so originell fand, dass sie es auf der Stelle kaufen musste. Unter seiner Glasfläche befindet sich ein Passepartout, in das man sechs Photos stecken kann, und wenn man es etwas künstlerisch anstellt und die Bilder vielleicht in Schwarz/Weiß ausdruckt oder in Sepia, ist das Ergebnis bestimmt so entzückend, dass Oma und Opa in Deutschland einfach nicht anders können, als begeistert in die Luft zu springen… Ja, ja, Lilli ist schwach, ganz schwach. Sie weiß es selbst und lässt den Kopf entmutigt auf die Tastatur sinkenehgufyduitkdhtfjnbjfbvughriuhfjgjffdkghi.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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