Lilli als Meerjungfrau
Seit drei Wochen ist es ununterbrochen heiss hier in Montreal. Heiss genug, um das unbeheizte Freibad auf freundliche 28 Grad aufzuheizen. Lilli schwimmt fast jeden Tag. 40 Bahnen schafft sie inzwischen, und das Zählen des Hin und Hers wird zur Meditation, sobald sie über die ersten zwei mühsamen Bahnen hinaus ist und die Bewegungen gleichmässig durch das Wasser pflügen. Hier ist Lilli in ihrem Element, obwohl sie den Hals starr über dem Wasser hält, um kein Wasser in ihr rechtes Ohr zu lassen. Obwohl sie nasse Haare nicht leiden kann. Obwohl kleine Blätter und (schlimmer) grosse Viecher im Wasser schwimmen und die Kinder im Nichtschwimmer nebenan spritzen. Das Schlimmste aber sind die Männer, die in der Bahn neben Lilli (der "schnellen" Bahn) kraulen und einen so miserablen Beinschlag haben, dass jedesmal ein Sturzbach auf Lilli niederregnet, wenn sie an ihr vorbeipreschen. Sehr brutal das, diese schiere, schlecht eingesetzte männliche Kraft, dieses Kämpfen gegen die Materie, fast ein Zweikampf zwischen Mann und Natur. Lilli hingegen will eins werden mit dem Wasser, spurenlos hindurchgleiten, als hätte sie einen Fischschwanz oder Schwimmhäute zwischen den Zehen...
Lilli hat keinen Fischschwanz, aber Lilli hat Beobachtungsgabe. Um 18 Uhr leert sich das Becken, denn dann geht der Kanadier abendessen. Und erst um 19 Uhr kommen die, die nach dem Essen noch eine Runde schwimmen, ins Bad. Deshalb schwimmt Lilli jetzt zwischen sechs und sieben relativ unbehelligt. Und meditiert.
Lilli hat keinen Fischschwanz, aber Lilli hat Beobachtungsgabe. Um 18 Uhr leert sich das Becken, denn dann geht der Kanadier abendessen. Und erst um 19 Uhr kommen die, die nach dem Essen noch eine Runde schwimmen, ins Bad. Deshalb schwimmt Lilli jetzt zwischen sechs und sieben relativ unbehelligt. Und meditiert.
Lilli legt los - 25. Jul, 11:22