Ferien zuhause (II)
Lilli geht mit den Strolchen ins nahegelegene Skigebiet. In einer Viertelstunde sind sie dort, dann aber dauert es 45 Minuten, bis Lilli und der kleine Strolch inmitten einer wuselnden Eltern-und-Kinderschar ihre Ausrüstung gemietet und angezogen haben. Der grosse Strolch steht derweil mit seinem Snowboard an der Piste und sieht sehnsüchtig den Hang hinauf zum Snowpark, wo seinesgleichen schon durch die Lüfte fliegen. Lilli findet die Ausrüstung klobig und schwer, zumindest im Vergleich zu ihren Langlaufski. Dann geht es los: hoch und runter, hoch und runter, hoch und runter. Als Lilli zum ersten Mal auf die Uhr schaut, sind noch ganze zwei Stunden abzufahren - eine Ewigkeit! Am Rand der Piste kann man in den Wald hinab sehen, in dem einsame Langläufer auf der Loipe dahingleiten. "Dort würde ich jetzt auch gerne sein!", denkt sich Lilli, weiss aber genau, dass weder der grosse Strolch damit einverstanden wäre (der will lieber snowboarden) noch der kleine Strolch (der wäre am liebsten zuhause auf dem Sofa geblieben). Bald wird Lilli trotz der Plusgrade im Sessellift kalt, und die letzen 30 Minuten vor Ablauf ihres Tickets wartet sie im Dunst des Restaurants, während die Strolche allein ihre Bögen schwingen. Ihre Alpinskikarriere, die vor 35 Jahren in Österreich ihren glanzlosen Anfang genommen hat, tropft von ihren Plastikskistiefeln mit den drei Schnallen und verendet still, ohne dass es Lilli darum leid gewesen wäre, in einer Pfütze unter ihrem Stuhl. "Das war heute das letzte Mal", sagt Lilli zu sich selbst. Passons à autre chose, wie die Leute hier sagen, ganz ohne Nostalgie, einfach in der Gewissheit, dass nun das Eine vorbei ist und Platz für Anderes lässt.
Lilli legt los - 8. Mär, 08:47