Wo du hingehst...
Beim traditionnellen Fingerfood-Festival, zu dem Monsieur eine Schar von Freunden (und dieses Jahr auch Freunde des grossen Strolchs) einlädt, um gemeinsam den Superbowl anzuschauen, setzt sich Lilli aufatmend zu einem Paar an den Tisch. Sie hatte den Grossteil des Nachmittags mit Gemüse schnippeln, Hähnchen panieren und Kekse backen zubebracht, jetzt kann sie vielleicht selbst was essen. Schnell kommt die Rede aufs Reisen und auf das Glück, das die Europäer haben, so zentral zu den unterschiedlichsten, aber gleichsam begehrenswerten Reisezielen zu wohnen. Der Mann erzählt, dass sie den Traum hegen, für ein paar Jahre nach Europa zu ziehen. "Nein, das ist nicht mehr unser Traum", fällt ihm da seine Frau ins Wort. "Wenn wir wohin ziehen, dann wahrscheinlich, weil ich versetzt werde, nicht du." Lilli schiesst durch den Kopf, dass Monsieur erzählt hat, dass der Mann vielleicht seine Stelle verliert, dass die Firma schliesst. Die Frau fährt fort, zu Lilli gewandt: "Ich könnte vielleicht nach Chicago gehen oder nach Toronto, dort haben wir Zweigstellen." Der Mann verzieht das Gesicht. "Ich gehe nicht nach Toronto", meint er, "Toronto sucks". "Dann geh ich allein und komm dich alle zwei Wochen besuchen", erwidert seine Frau. Sie lächelt dabei, aber Lilli hat nicht den Eindruck, dass sie scherzt. Hier ist ein Machtkampf zugange, und diese Unterhaltung findet nicht zum ersten Mal statt. "Dann kauf ich mir einen Hund", sagt der Mann und trinkt sein Rotweinglas leer. "Ich glaub, du hattest jetzt genug Wein", meint seine Frau. Lilli beisst verlegen in ihr Hühnchen.
Lilli legt los - 3. Feb, 09:48