Montag, 17. Februar 2014

Heilige Familie

Der kleine Strolch hat eine Nichts-Phase. Nichts interessiert ihn, nichts macht ihm Spass, am liebsten will er Nichts mit seinen Eltern unternehmen. Die wollten gestern aber Schlittschuhlaufen gehen, schliesslich hatte es "nur" minus 9 Grad, was mit der richtigen Kleidung durchaus auszuhalten ist, und die Sonne strahlte vom blauen Himmel herunter. Der grosse Strolch musste Hausaufgaben machen und war deshalb vom Familienausflug befreit.

"Nein, ich geh nicht mit", sagte der kleine Strolch.
"Doch", sagte sein Vater.
"Nein."
"Doch."
"Ich hab aber keine Lust", erklärte der kleine Strolch.
"Wenn wir erst mal anfangen, wirst du schon Lust kriegen."
"Nein."
"Du hast aber keine Wahl, du gehst mit."
"Warum darf ich das nicht entscheiden?"
"Weil du nicht volljährig bist."
"Dann ruf ich den Jugendschutz an", drohte der kleine Strolch und scherzte nur halb.
"Ja, aber zuerst gehst du mit."

Lilli zwingt ihn zudem, seine Skihose mitzunehmen, denn nur in Jeans wird es zu kalt sein. Am Eisplatz angekommen, liegt der in gleissendem Sonnenlicht. Weit und breit ist keine Menschenseele zu entdecken. Das Häuschen, in dem man seine Schlittschuhe anziehen kann, ist gut geheizt und ebenfalls menschenleer. Lilli zieht ihre Schlittschuhe an, Monsieur hat für den kleinen Strolch zwei alte Paar vom grossen Strolch dabei, zur Auswahl. Beide sind zu klein. Lilli zieht ihre Schlittschuhe wieder aus und gibt sie dem kleinen Strolch. "Die sind mir Auch zu Klein", sagt der kleine Strolch. "Nein, du wirst schon sehen", sagt da Monsieur, macht die Schuhbändel bis ganz nach vorn auf, fädelt den Strolchfuss in den Schlittschuh, zieht die Schuhbändel fest. "Passt doch", sagt Monsieur erleichtert. "Eigentlich hätte er noch seine Skihose anziehen sollen", meint Lilli und hält ihnen die Hose entgegen. Zu spät. Der zweite Schlittschuh wird angezogen, der kleine Strolch stakst hinaus in Richtung Eis. Lilli zwängt sich in die alten Schlittschuhe vom grossen Strolch, insgesamt 20 Minuten sind sie jetzt in dem gut geheizten Häuschen zugange und völlig verschwitzt. Als Lilli die Tür zum Eis aufmacht, pfeift ihr ein eiskalter Wind um die Ohren. Der Eisplatz liegt völlig ungeschützt neben der Schnellstrasse und neben dem Sankt-Lorenz-Strom. Die gefühlte Kälte siedelt sich irgendwo um die minus 20 Grad an, keine Wunder sind sie allein auf dem Eis. Der kleine Strolch kommt ihr mit rotem Gesicht entgegen, inzwischen hat er sich tatsächlich mit der Idee abgefunden, ein paar Runden zu drehen, aber Lilli sieht ihn kaum vor lauter Tränen in den Augen. Zehn Minuten später sind sie zurück im Häuschen, zerren sich die Schlittschuhe von den Füssen, reiben sich die Backen und die Hände. "Das war jetzt aber mal lustig", meint der kleine Strolch sarkastisch. Dann prusten sie los vor Lachen.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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