Das Leben ist nicht gerecht, oder?
Lillis Kollegin ist schwanger. Anscheinend war das nicht vorgesehen, aber Lilli fragt sich, wie man heute noch ungewollt schwanger werden kann, wenn man intelligent und auch nicht mehr siebzehn ist? Jedenfalls ist die Kollegin im Prinzip ganz erfreut, wenn sie auch nicht weiss, ob die Firma sie nach Ablauf ihres befristeten Vertrags in ein paar Monaten weiterbeschäftigen kann oder nicht. Und sie auch nicht mit ihrem Freund zusammenwohnt. Weil der sich erst letztes Jahr von seiner Frau getrennt hat. Und noch nicht geschieden ist. Und jetzt erst mal eine kleine Wohnung genommen hat. Und zwei Kinder im Vorschulalter hat. Die noch nichts von ihrer Existenz wissen. Aber die Kollegin hat mit ihrem letzten Freund schon zwei Fehlgeburten durchgestanden und hofft jetzt, dieses Kind zu behalten, auch wenn die Umstände nicht ganz so ideal sind, wie sie das gerne hätte. Sie geht vornübergebeugt, die Schultern nach vorn gezogen, als ob sie damit ein Schutzschild formen könnte, das alle Gefahr von ihrem ungeborenen Kind abwendet. Lilli denkt an sich selbst zurück und schämt sich fast dafür, wie geradlinig sie sich vor zwanzig Jahren verlieben, verheiraten und einige Jahre später Kinder bekommen konnte. Was für eine gute Fee muss damals an ihrer Wiege gestanden haben, und warum nur?
Lilli legt los - 19. Mär, 08:00