Lilli hat recht

Wer mit einem depressiven Menschen zusammenlebt, riskiert natürlich, sich anzustecken und die gleiche negative Haltung (nichts ist mehr wichtig, alles ist ausweglos) an den Tag zu legen. Oder die eigenen Probleme oder Fragen und sogar die kleinen Genüsse des Alltags im Vergleich zu dem dunklen Loch, in dem der Andere vor sich hin leidet, in einem – ja, wie soll man sagen – schäbigeren Licht sieht. So freut sich Lilli zwar an der Freude des kleinen Strolches, als der sein von ihr zusammengestoppeltes Halloweenkostüm anprobiert, ist sich aber gleichzeitig (mehr als sonst) darüber im Klaren, wie vergänglich dieser kleine Freudefunken doch ist. Sie genießt ihre Lieblingsfernsehsendung und sagt sich doch, dass sie nur fernsieht, weil es eine Ausflucht aus ihrem eigenen Leben ist, eine kleine Ruheinsel im Meer ihres traurigen momentanen Daseins. „Achtung, Achtung“, gehen zum Glück da die Warnlampen an, denn noch weiß Lilli ganz genau, dass diese Verschiebung der Perspektive auf Monsieurs Depression zurückzuführen und hochgradig ungesund ist. Noch weiß sie, dass sie recht hat, sich zu freuen, und es eben eine Frage der Zeit ist, bis Monsieur wieder genauso weit sein wird. Bis dahin ist sie irgendwie auf sich gestellt und findet Trost in ganz absurden Dingen wie der feuchten Wärme der Spülmaschine, die ihr beim Ausräumen entgegenschlägt, und der vollkommenen runden Form ihrer Teetasse, die sie beim Fernsehen in den Händen hin und her dreht.
Nielsson - 5. Nov, 10:12

Fröhlich sein muss man üben (wenn man es nicht schon kann). D.h. auch, dass man es verlernen kann. Aber man kann es ja dann wieder neu lernen.

Ich schenke dir ein hübsches Wort, das ich heute selber geschenkt bekommen habe: "Vakuumpumpenbrummen"

Lilli legt los - 5. Nov, 10:25

Na, das ist mal ein schönes Wort!

Noch viel schöner als "gasdruckfederentlastete Schutztüre". Vielen Dank! Ich habe mir beim Aussprechen doch glatt die Zunge verstaucht...

Und mit dem Fröhlichsein ist es dann so wie mit dem Skifahren? Wenn man es lang nicht gemacht hat, steht man erst einmal etwas wackelig auf den Brettern? Während es bei allen anderen so leicht und lässig aussieht?
Nielsson - 5. Nov, 10:39

"Druckertüchtigt"... Na, was heißt das und wie spricht man es überhaupt aus? :-)

Was ich noch unterschlagen habe: Die Kehrseite von Freude, die Angst, ist viel grundlegender verankert (weil das in der Evolution Vorteile hatte): Angst haben ist einfach, kann man auch nicht verlernen.
Freude hingegen müssen sich manche (wie ich?) immer bewusst machen und versuchen sie auch tatsächlich "korrekt" und ungetrübt wahrzunehmen.
Wie das geht und ob das klappt? Weiß ich noch nicht. Obige Erkenntnis/Verbalisierung ist recht neu für mich.
yonosequepasara - 5. Nov, 10:39

Wollen müssen

Das klingt so 'freiwillig' - und etwas schwierig. So wie:"Denken Sie NICHT an einen blauen Elefanten!"...

Aber es stimmt: etwas Bereitschaft zum Fröhlichsein erleichtert die Sache immens...

Im Ermangelung eines so tollen Wortes hier ein Cartoon zum Thema...
:-)

Lilli legt los - 5. Nov, 11:15

Dieser Cartoon

ist gerade bei Monsieur gelandet - bringt ihn bestimmt zum Lächeln. Danke!

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Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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