Strolche

Dienstag, 9. April 2013

Breitensport in Kanada

Ein unwiderlegbares Zeichen, dass es Sommer wird (für all diejenigen, die heute aus dem Fenster auf nasskalten Nebelnieselregen sehen): die Strolche fangen an, für ihre Draussensportarten zu trainieren. Dieses Jahr entdecken beide einen neuen Sport: der grosse Strolch Football und der kleine Strolch Baseball. Lilli weiss weder, was man da als Zuschauer rufen noch wann man klatschen soll. "Toooor" wird jedenfalls nicht funktionieren...

Sonntag, 10. März 2013

Welcome to my world

Heute abend ist Lilli traurig. In den letzten Tagen hat sie viel Zeit mit dem kleinen Strolch zugebracht und sein Universum beschnuppert, das - wie sich das für einen jetzt Zwölfjährigen gehört - einer anderen Milchstrasse angehört als das ihrige. Sie hat Mangas gelesen und sich darüber belehren lassen, wie Mangas "erzählen", und einige ihrer Vorurteile über diese textarme Literatur zertrümmert. Sie hat seine Musik angehört und mit Presslufthammer assoziiert. Sie hat mit seinen kichernden Freunden Kaffee getrunken und dabei 127 Mal das Wort "genre" gehört, das als Füllwort in Sätzen wie "Heute war ich genre im Hallenbad und das Wasser war genre eiskalt" gerade grosse Mode ist. Sie muss sich eingestehen: so manches, was dem kleinen Strolch gefällt, findet sie unerträglich. Oh, sie liebt ihn trotzdem, das steht nicht zur Debatte. Sie findet nur seine Wellenlänge im Moment unsympathisch, seine Freunde albern, seine Vorlieben unverständlich. Mit dem grossen Strolch ist das anders, der schwimmt in ihr vertrauteren Gewässern und macht es ihr leicht, in seine Welt einzutauchen. Sie fragt sich, ob sie das überhaupt darf, das eigene Kind so wenig zu verstehen?

Freitag, 8. März 2013

Ferien zuhause (II)

Lilli geht mit den Strolchen ins nahegelegene Skigebiet. In einer Viertelstunde sind sie dort, dann aber dauert es 45 Minuten, bis Lilli und der kleine Strolch inmitten einer wuselnden Eltern-und-Kinderschar ihre Ausrüstung gemietet und angezogen haben. Der grosse Strolch steht derweil mit seinem Snowboard an der Piste und sieht sehnsüchtig den Hang hinauf zum Snowpark, wo seinesgleichen schon durch die Lüfte fliegen. Lilli findet die Ausrüstung klobig und schwer, zumindest im Vergleich zu ihren Langlaufski. Dann geht es los: hoch und runter, hoch und runter, hoch und runter. Als Lilli zum ersten Mal auf die Uhr schaut, sind noch ganze zwei Stunden abzufahren - eine Ewigkeit! Am Rand der Piste kann man in den Wald hinab sehen, in dem einsame Langläufer auf der Loipe dahingleiten. "Dort würde ich jetzt auch gerne sein!", denkt sich Lilli, weiss aber genau, dass weder der grosse Strolch damit einverstanden wäre (der will lieber snowboarden) noch der kleine Strolch (der wäre am liebsten zuhause auf dem Sofa geblieben). Bald wird Lilli trotz der Plusgrade im Sessellift kalt, und die letzen 30 Minuten vor Ablauf ihres Tickets wartet sie im Dunst des Restaurants, während die Strolche allein ihre Bögen schwingen. Ihre Alpinskikarriere, die vor 35 Jahren in Österreich ihren glanzlosen Anfang genommen hat, tropft von ihren Plastikskistiefeln mit den drei Schnallen und verendet still, ohne dass es Lilli darum leid gewesen wäre, in einer Pfütze unter ihrem Stuhl. "Das war heute das letzte Mal", sagt Lilli zu sich selbst. Passons à autre chose, wie die Leute hier sagen, ganz ohne Nostalgie, einfach in der Gewissheit, dass nun das Eine vorbei ist und Platz für Anderes lässt.

Mittwoch, 6. März 2013

Sandkasten

Der kleine Strolch spielt "Minecraft" am Computer. Lilli erfährt, dass es sich dabei um ein sogenanntes Sandkastenspiel handelt, da der Spieler mit den vorgegebenen Materialien machen kann, was er will. "Nun, es gibt Schlimmeres", denkt sich Lilli und besichtigt, was der kleine Strolch da so fabriziert. Häuser mit Wasserfällen, Betten aus Stein, eine Kunstgalerie mit Fackeln an der Wand. Dann kommt der kleine Strolch von einem Freund zurück und erzählt Lilli begeistert, dass es Videos gibt, die zeigen, was andere mit Minecraft gebaut haben. Eines davon ist mit Klaviermusik unterlegt und zeigt innerhalb von Minuten, was wohl Wochen oder Monate in Anspruch genommen haben muss, denn das Ergebnis ist eine gesamte orientalische Stadt mit Moschee, Palast und hängenden Gärten. Danach hat der kleine Strolch keine so grosse Lust mehr, an seinem eigenen Haus weiterzubauen. Jetzt sitzt er sozusagen nur noch auf dem Brett, das rund um den Sandkasten läuft, und klopft mit seiner Schaufel den Takt zum Schaffen der Anderen.

Montag, 11. Februar 2013

Positive Verstärkung

Lilli sieht dem grossen Strolch entgegen, der die Treppe zum Frühstück heruntergeschlurft kommt. Nach vorn gebeugt, die Hände in den Schlafanzugstaschen vergraben, der Gang schlenkerig und unkoordiniert. Fast 14 Jahre alt und so gross wie ein Mann, aber verletzlich wie ein Kätzchen, dem jemand die Milch wegzunehmen droht. "Du hast mal wieder die Nacht damit zugebracht, dir die Schultern breiter wachsen zu lassen", sagt Lilli zur Begrüssung. "Ach ja?", sagt der grosse Strolch, einen freudig-überraschten Funken im Auge. Sofort hält er sich gerader.

Sonntag, 10. Februar 2013

Blizzard

Der kleine Strolch und Lilli laufen, den Kopf gegen den auch hier sich bemerkbar machenden Blizzard gesenkt, über ein schneebedecktes Feld. Es ist das letzte Grundstück der Strasse, unbebaut und lieblos mit Schotter zugeschüttet und mit wucherndem Unkraut übersät. Jetzt hat der fauchende Wind Wellenlinien in den Schnee geschnitten, die an Sanddünen erinnern in blitzendem Weiss. "On dirait des vagues", sagt Lilli zum kleinen Strolch. "Mais oui, maman, c'est un terrain VAGUE", sagt der und grinst. Wieder einmal bekommt Lilli bestätigt, was sie sich schon lange denkt: der Junge hat die Schönheit seines Vaters und die Intelligenz seiner Mutter.

Donnerstag, 7. Februar 2013

Sieh mal an

Die Waschmaschinentortur ist gar keine. Tatsächlich hat es der grosse Strolch auf den letzten Drücker fertiggebracht, seine T-Shirt zu waschen, zu trocknen und so zusammenzulegen, dass das Ergebnis zu keinerlei schulischen Strafmassnahmen geführt hat. Was Lilli wie eine Revolution vorkam, hätte sie mal schon letztes Jahr machen sollen.

Dienstag, 5. Februar 2013

Lilli und die Kuh

Eloïse Brodeur heisst die Künstlerin und sie malt Kühe. Eloise_Brodeur-Abraham-428x285Das wusste Lilli schon eine ganze Zeit, aber erst jetzt konnte sie die Tiere in Augenschein nehmen - und hat sich glatt verliebt. In Theodor, American Idol und wie sie alle heissen. Diese Ruhe, diese Kraft, dieses ernste In-Frage-Stellen berührt sie, die früher immer vor Kühen Angst hatte. Nur: die Frau wird von einer richtigen Galerie vertreten und ist dementsprechend richtig teuer. Lilli wird wohl doch nicht demnächst zur Kunstsammlerin werden. Der kleine Strolch hält ihr Spielgeld hin: "Hier, Mama, ich geb dir 15 000 Dollar Taschengeld." Ja, damit könnte man glatt ein Grossformat erstehen.

Montag, 4. Februar 2013

Die Waschmaschinentortur

Der grosse Strolch soll ab jetzt seine Schul-T-Shirts selber waschen. Es hätten ja auch die dunklen Sachen sein können oder einfach so eine Maschine pro Woche, aber Lilli ist da ganz gerissen: Wäre es lediglich "eine Maschine", gäbe es kaum Konsequenzen, so er es denn vergessen sollte - mehrere Leute hätten dann zwar keine Unterwäsche oder Strümpfe, aber die kann man sich inzwischen ja auch aus der Schublade des Bruders/Vaters oder zur Not auch aus Lillis Stapeln holen. Vergisst er aber, seine Schul-T-Shirts zu waschen, von denen er genau fünf besitzt, muss er sich entweder eins in der Schule gegen hartes Geld ausleihen oder er zieht ein schon benutztes wieder an. Ha! Am Wochenende fühlt sich Lilli gnädig und erinnert ihn ein paarmal daran, die Waschmaschine nicht zu vergessen. Der grosse Strolch sagt "ja" und rührt sich nicht vom Fleck. Die Spannung wächst. Am Montagmorgen findet er tatsächlich noch ein sauberes T-Shirt - das letzte - und geht fröhlich in die Schule. Am Abend wird er waschen müssen, da führt kein Weg dran vorbei. Lilli kaut nervös auf ihrer Unterlippe rum. Erziehung ist manchmal Folter, auch für die Eltern.

Freitag, 1. Februar 2013

Meinungsverschiedenheiten

So 416EglR0pKL-_SL500_AA300_ sieht Lillis neue Badewanne aus. "Baden dient nicht der Säuberung des Körpers, sondern der Kontemplation. Somit ist Baden eine Geste der Reinigung des Geistes, der Erhebung des Menschen über seine körperliche Existenz", liest Lilli aus einer ihrer Deko-Zeitschriften vor, die sie sich seit zwei Monaten intravenös spritzt.
"Eine Schuhschachtel", sagt der kleine Strolch.
"Ein Kindersarg", sagt Monsieur.
"Ein Marshmallow", sagt der grosse Strolch.
"Ihr habt doch alle keine Ahnung", sagt Lilli.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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