Mittwoch, 7. Januar 2015

Guter Vorsatz

Vor der Kasse des Schwimmbads gibt es mehrere Bänke, auf die man sich setzen kann, um seine Stiefel anzuziehen (die man vor der Kasse ausziehen und dort in Regale stellen muss, sonst würde man ja das ganze Bad mit Schmeematsch und Salz verdrecken). Ein Rentner aus dem Kirchenchor erkennt Lilli und fragt, ob sie öfter ins Schwimmbad kommt. "Sagen wir mal, ich habe die ABSICHT, jetzt öfter zu kommen."

Das Jahresabo ist gekauft, jetzt gibt es kein Zurück mehr. Leichte Chlorschwaden umhüllen Lilli, als sie durch die automatische Tür in den Schneesturm schreitet. Schnell die Kapuze auf, damit die Haare nicht zusammenfrieren.

Montag, 5. Januar 2015

Ohne Strom nix los

Gestern fiel bei Lilli der Strom aus. Im ganzen Viertel war es dunkel, dazu schaurig kalt und windig. Das ist die Kombination, bei der Lilli ganz schnell ganz klein und ängstlich wird. Schon nach 3 Stunden hatte es nur noch 16 Grad im Haus, da bleibt nur noch ins Bett gehen und hoffen, dass der Schaden über Nacht repariert wird. Die Aussicht auf keine Dusche und keinen Kaffee am nächsten Morgen ist ebenfalls ausserordentlich deprimierend. Lilli würde es keine drei Tage in einem Flüchtlingslager aushalten.

Samstag, 3. Januar 2015

Mehr oder weniger

Kurz vor Weihnachten bekommt Lilli die Konsumkrise und will Weihnachten abschaffen. Keine Geschenke mehr - "der Skiurlaub ist Euer Geschenk und fertig. Was meint ihr, was so eine Wohnung kostet, und dann die Liftgebühren und die Ausrüstung noch dazu, damit kann man ja in Burundi eine ganze Schule bauen". Jedesmal, wenn sie den Ausdruck "la magie des Fêtes" hört, ballt sie die Faust, denn der Zauber des Festes stellt sich, anders als in der Werbung suggeriert, nicht durch Geschenke und schon gar nicht von selbst ein. Wenn sie nicht backt und Baum dekoriert und Geschenke kauft und einpackt und Weihnachts-CDs spielt, dann passiert hier nämlich überhaupt kein Zauber des Festes. Zauber des Festes, mon œil! Lilli hätte gerne ein Fest der Besinnlichkeit, aber die Strolche wollen ein Smartphone.

An Weihnachten singt Lilli im Kirchenchor - das ist eigentlich der schönste Moment des 24. Dezembers. Danach zwingt sie die Strolche dazu, die Passage aus der Bibel vorzulesen und einen Schluck Sekt zu trinken, was sie beides mit saurem Gesicht absolvieren. Danach gibt es Geschenke, von denen die Hälfte zu klein sind. Sogar das Smartphone des grossen Strolches ist ihm "zu klein" - es hat nur 8 gigabyte Speicherkapazität. Lilli bekommt einen Museumsbesuch von Monsieur. Zeit zu zweit, eine schöne Geste.

Am nächsten Tag wird Monsieurs Familie besucht, was durch die neue Freundin des 23jährigen Neffens und deren zwei Söhne, 3 und 7 Jahre alt, ganz amüsant ausfällt. Wetten wurden keine abgeschlossen, aber wie lange das hält, fragen sich wohl viele.

Im anschliessenden Skiurlaub stellte sich heraus: Luxus ist teuer, aber angenehm. Die Wohnung war gross, hell, neu und warm, das Schwimmbad gross, hell, neu und warm und die Lounge im Erdgeschoss mit Billardtisch, Sitzecke um den offenen Kamin und den Flügel im Eck gross, hell, neu und warm. Dafür war das Wetter kalt, aber Skifahren, Langlaufen und Spazierengehen ging trotzdem. Die Strolche waren gut gelaunt und willig, an allen Aktivitäten teilzunehmen. Was will man mehr? Nichts. Alles war gut.

Und nächstes Jahr? Lilli wird sich überlegen, wie man Weihnachten anders feiern kann. Ohne zuviel zu kaufen, zu essen und zu trinken, ohne Hetze und die daraus entstehende Ungeduld anderen gegenüber, dafür mit mehr Stille und menschlicher Wärme. Ihr einziger guter Vorsatz fürs neue Jahr heisst "mehr Grosszügigkeit". Das hat Lilli der ganzen Familie verordnet. Grosszügig über Schwächen der Anderen hinwegsehen, grosszügig mit seiner Zeit und Hilfsbereitschaft umgehen, grosszügig auf andere Ansichten eingehen und Meinungen gelten lassen. Die gemeinsamen Abendessen müssten dann eigentlich harmonischer ausfallen...

Dienstag, 23. Dezember 2014

Vater-Land

Lillis Vater hat angefangen, komische Sachen zu sagen. Nach dem Schlaganfall vor ein paar Jahren, meinte die Neurologin neulich, seien viele Hirnzellen abgestorben, sodass man sich auf eine Verschlechterung seines kognitiven Zustandes einstellen müsste. Das ist zwar nichts grundlegend Neues, aber jetzt, wo es losgeht, trifft es Lillis Mutter doch ganz hart. Denn wer weiss, wie schnell es mit ihm bergab gehen wird, wo man schon einmal auf der schiefen Ebene steht? Wie schnell er zum Pflegefall wird, wo sie doch nicht gerade die Geduldigste ist und im Moment eher unwirsch als mit Güte und Toleranz auf seine immer häufiger auftretenden Gedächtnislücken reagiert? "Das habe ich bei Ihnen immer umsonst bekommen", sagte Lillis Vater dem Uhrmacher neulich, als der eine neue Batterie in seine Uhr einsetzte. Was natürlich nicht stimmte und vom Uhrmacher auch höflich angezweifelt wurde. "Wieviel Wasser soll ich in die Kaffeemaschine tun?", fragt er Lillis Mutter, als diese mit Lilli am Telefon ist, obwohl er das genau weiss - oder bisher jedenfalls wusste, jetzt aber vergessen hat. "Wo kommen die leeren Flaschen hin", will er auch noch wissen, obwohl er immer für den Transport des Leergutes und das damit einhergehende Hin-und Herräumen der Flaschen verantwortlich war. Lilli denkt an letztes Weihnachten zurück, als sie ihren Vater zum letzten Mal gesehen hat. Und daran, wie er wohl sein wird, wenn sie ihn das nächste Mal sieht. "Man ist immer im Werden", hat sie gestern erst gelesen. Ab jetzt wird ihr Vater aber wohl immer weniger.

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Sie haben geläutet, mylady?

An einem herrenfreien Abend hat Lilli es geschafft, Downton Abbey anzufangen. Der kleine Strolch kam unvorhergesehen dazu und ist jetzt genauso süchtig nach seiner Dosis "Yes, m'lady, no, m'lady" wie Lilli. Das Komische dabei: nachdem ALLE Leute und sogar Lillis Schwester davon begeistert waren, hatte sich Lilli etwas intellektuell Anspruchsvolles darunter vorgestellt. Dabei geht die Handlung nicht über "Das Haus am Eaton Place" hinaus. Sogar an die spanische Grippe, die in der zweiten Staffel als Deux ex machina eingreift, konnte sich Lilli noch von damals erinnern. Trotzdem und wahrscheinlich genau aus diesem Grund - und natürlich wegen der spritzigen Dialoge, aus denen das Gift trieft wie der Honig aus einem Baklava - ist Downton Abbey ein schwelgerisches Vergnügen, das über so manche triste November- und Dezemberabende hinweghilft.

So, und jetzt geht Lilli mal nach oben, um sich fürs Abendessen umzuziehen.

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Auch wieder wahr

Lilli: "Ich musste das ganze verklebte Geschirr spülen, das war die Hölle."
Kleiner Strolch: "Nein, das ist nicht die Hölle. Die Hölle, das ist..... Ikea."

Freitag, 12. Dezember 2014

Lilli singt

Heute abend hatte Lilli die Wahl zwischen Weihnachtsfeier im Büro oder Kirchenchor. Sie hat sich für Kirchenchor entschieden und war sogar ganz froh darüber, so eine gute Ausrede zu haben.

Nicht, dass Lillis Kollegen nicht nett wären. Sie sind sogar die nettesten Kollegen, die sie je hatte. Weihnachtsfeiern sind trotzdem schrecklich.

Montag, 8. Dezember 2014

Wunschzetteldilemma

Was der grosse Strolch zu Weihnachten will:
Ein Handy (am besten eins, mit dem er auch Musik hören kann). Er ist bereit, sich an den monatlichen Kosten zu beteiligen.
Kopfhörer für sein Handy (falls es Musik spielen kann).
Lautsprecher für sein Handy (falls es Musik spielen kann).
Eine iTunes-Karte (falls sein Handy Musik spielen kann).

Was der kleine Strolch zu Weihnachten will:
"Nichts. Ich bin wunschlos glucklich. Das, was ich wirklich will, bekomme ich ja sowieso nicht."

Was er wirklich zu Weihnachten will:
Eine PS4.
Die Erlaubnis, online mit seinen Freunden zu spielen, und Skype.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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